Mi, 10:56 Uhr
15.03.2017
Trotz zahlreicher Risiken
Konjunkturmotor weiter auf Touren
Brexit und Trump zum Trotz präsentiert sich die deutsche Wirtschaft nach wie vor robust und dürfte auch in diesem Jahr deutlich wachsen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) prognostiziert einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,4 Prozent und erhöht seine Vorhersage aus dem Dezember damit um 0,2 Prozentpunkte...
Deutlich nach oben korrigierte offizielle Arbeitsmarktdaten zeigen, dass sich der Beschäftigungsaufbau nicht seit Mitte vergangenen Jahres abgeflacht hat, sondern bis zuletzt dynamisch blieb – und so dürfte es auch weitergehen: 600.000 Erwerbstätige werden nach der DIW-Prognose in diesem und weitere 440.000 im nächsten Jahr hinzukommen.
Die Arbeitslosenzahl sinkt weiter, obwohl mehr und mehr Geflüchtete eine Arbeitserlaubnis erhalten und einen Job suchen. Es gibt jedoch zwei Wermutstropfen, die in auffälligem Kontrast stehen zum Beschäftigungsboom: Erstens investieren die Unternehmen nach wie vor äußerst verhalten und zweitens steigt der private Konsum in der ersten Jahreshälfte 2017 nur moderat.
Der private Verbrauch bleibt zwar die Hauptstütze des Wachstums – gleichwohl sind die realen Zuwächse derzeit nicht sehr ausgeprägt, denn die Löhne steigen nur moderat und die höhere Inflation mindert die Kaufkraft. Zuletzt ist die Teuerungsrate kräftig gestiegen und dürfte im Jahresdurchschnitt mit 1,8 Prozent deutlich höher liegen als im vergangenen Jahr (0,5 Prozent). Allerdings ist der starke Preisanstieg keine Folge einer kräftig anziehenden Konjunktur oder gar einer Überhitzung der deutschen Wirtschaft; vielmehr geht er vor allem auf die gestiegenen Ölpreise zurück. Unter der Annahme, dass die Ölpreise im Prognosezeitraum nicht weiter steigen, dürfte die Inflation im kommenden Jahr wieder merklich zurückgehen – auf 1,4 Prozent – und der private Verbrauch deutlich stärker zulegen.
Ähnlich ist die Situation im Euroraum – auch hier sind die höheren Inflationsraten vorübergehender Natur. Klammert man die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise aus, liegt die Inflation in Deutschland und im Euroraum nach wie vor deutlich unter zwei Prozent. Da zudem die Produktionskapazitäten in der Währungsunion bis ins kommende Jahr hinein unterausgelastet bleiben, sind Rufe nach einer strafferen Geldpolitik aus Sicht des DIW Berlin verfrüht. Angesichts der insgesamt robusten wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum spricht derzeit allerdings auch nichts für eine weitere Lockerung der Geldpolitik.
Laut DIW-Prognose wird die europäische Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr um rund anderthalb Prozent wachsen. Die Risiken sind aber nach wie vor hoch: Falls der Ausgang der bevorstehenden Wahlen in Frankreich und den Niederlanden für Turbulenzen auf den Finanzmärkten sorgt, könnte sich die Konjunktur erneut eintrüben. Hinzu kommen die Brexit-Verhandlungen, die konfrontativer geführt werden könnten als angenommen, und die unklare Wirtschaftspolitik der US-Regierung, die den Welthandel durch protektionistische Maßnahmen beeinträchtigen und insbesondere exportstarken Ländern wie Deutschland schaden könnte.
Die hohe Unsicherheit spiegelt sich schon heute in den nach wie vor schwachen Investitionen in Deutschland wider. Derzeit scheinen die Unternehmen lieber Personalausgaben zu erhöhen als zu investieren – wohl auch in der Erwartung, dass Fachkräfte bei einem knapper werdenden Arbeitskräfteangebot künftig schwieriger zu finden sein werden. Dass der Beschäftigungsaufbau derzeit vergleichsweise wenige Investitionen nach sich zieht, liegt aber auch daran, dass er vornehmlich im Dienstleistungsbereich stattfindet und weniger in der investitionsstarken Industrie.
Auch aufgrund der schwachen Investitionstätigkeit bleibt der deutsche Leistungsbilanzsaldo mit voraussichtlich 7,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem und 7,5 Prozent im nächsten Jahr außerordentlich hoch. Die Exporte übersteigen die Importe also nach wie vor bei weitem; dies dürfte die Kritik internationaler Partner und den sich abzeichnenden Handelskonflikt mit der US-Regierung weiter nähren.
Die derzeit hohen Überschüsse in den Kassen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen – im vergangenen Jahr hat der öffentliche Gesamthaushalt mit einem Plus von 24 Milliarden Euro abgeschlossen – täuschen. Sie werden kräftig zurückgehen, denn die Steuereinnahmen nehmen relativ verhalten zu und die Ausgaben steigen weiterhin kräftig (siehe dazu auch die Pressemitteilung zu den Steuereinnahmen). Klammert man konjunkturelle Einflüsse aus, wird der Staat insgesamt im kommenden Jahr wahrscheinlich sogar mit leichten Defiziten abschließen.
Und schon bald werden die Auswirkungen des demografischen Wandels immer stärker zu spüren sein. Umso wichtiger ist es, finanzpolitisch die richtigen Prioritäten zu setzen und das Wachstumspotential zu stärken. Nach DIW-Einschätzung sind dafür einerseits investive Ausgaben, andererseits aber auch eine Entlastung des Faktors Arbeit durch geringere Sozialbeiträge geeignet.
Autor: redDeutlich nach oben korrigierte offizielle Arbeitsmarktdaten zeigen, dass sich der Beschäftigungsaufbau nicht seit Mitte vergangenen Jahres abgeflacht hat, sondern bis zuletzt dynamisch blieb – und so dürfte es auch weitergehen: 600.000 Erwerbstätige werden nach der DIW-Prognose in diesem und weitere 440.000 im nächsten Jahr hinzukommen.
Die Arbeitslosenzahl sinkt weiter, obwohl mehr und mehr Geflüchtete eine Arbeitserlaubnis erhalten und einen Job suchen. Es gibt jedoch zwei Wermutstropfen, die in auffälligem Kontrast stehen zum Beschäftigungsboom: Erstens investieren die Unternehmen nach wie vor äußerst verhalten und zweitens steigt der private Konsum in der ersten Jahreshälfte 2017 nur moderat.
Der private Verbrauch bleibt zwar die Hauptstütze des Wachstums – gleichwohl sind die realen Zuwächse derzeit nicht sehr ausgeprägt, denn die Löhne steigen nur moderat und die höhere Inflation mindert die Kaufkraft. Zuletzt ist die Teuerungsrate kräftig gestiegen und dürfte im Jahresdurchschnitt mit 1,8 Prozent deutlich höher liegen als im vergangenen Jahr (0,5 Prozent). Allerdings ist der starke Preisanstieg keine Folge einer kräftig anziehenden Konjunktur oder gar einer Überhitzung der deutschen Wirtschaft; vielmehr geht er vor allem auf die gestiegenen Ölpreise zurück. Unter der Annahme, dass die Ölpreise im Prognosezeitraum nicht weiter steigen, dürfte die Inflation im kommenden Jahr wieder merklich zurückgehen – auf 1,4 Prozent – und der private Verbrauch deutlich stärker zulegen.
Ähnlich ist die Situation im Euroraum – auch hier sind die höheren Inflationsraten vorübergehender Natur. Klammert man die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise aus, liegt die Inflation in Deutschland und im Euroraum nach wie vor deutlich unter zwei Prozent. Da zudem die Produktionskapazitäten in der Währungsunion bis ins kommende Jahr hinein unterausgelastet bleiben, sind Rufe nach einer strafferen Geldpolitik aus Sicht des DIW Berlin verfrüht. Angesichts der insgesamt robusten wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum spricht derzeit allerdings auch nichts für eine weitere Lockerung der Geldpolitik.
Laut DIW-Prognose wird die europäische Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr um rund anderthalb Prozent wachsen. Die Risiken sind aber nach wie vor hoch: Falls der Ausgang der bevorstehenden Wahlen in Frankreich und den Niederlanden für Turbulenzen auf den Finanzmärkten sorgt, könnte sich die Konjunktur erneut eintrüben. Hinzu kommen die Brexit-Verhandlungen, die konfrontativer geführt werden könnten als angenommen, und die unklare Wirtschaftspolitik der US-Regierung, die den Welthandel durch protektionistische Maßnahmen beeinträchtigen und insbesondere exportstarken Ländern wie Deutschland schaden könnte.
Die hohe Unsicherheit spiegelt sich schon heute in den nach wie vor schwachen Investitionen in Deutschland wider. Derzeit scheinen die Unternehmen lieber Personalausgaben zu erhöhen als zu investieren – wohl auch in der Erwartung, dass Fachkräfte bei einem knapper werdenden Arbeitskräfteangebot künftig schwieriger zu finden sein werden. Dass der Beschäftigungsaufbau derzeit vergleichsweise wenige Investitionen nach sich zieht, liegt aber auch daran, dass er vornehmlich im Dienstleistungsbereich stattfindet und weniger in der investitionsstarken Industrie.
Auch aufgrund der schwachen Investitionstätigkeit bleibt der deutsche Leistungsbilanzsaldo mit voraussichtlich 7,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem und 7,5 Prozent im nächsten Jahr außerordentlich hoch. Die Exporte übersteigen die Importe also nach wie vor bei weitem; dies dürfte die Kritik internationaler Partner und den sich abzeichnenden Handelskonflikt mit der US-Regierung weiter nähren.
Die derzeit hohen Überschüsse in den Kassen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen – im vergangenen Jahr hat der öffentliche Gesamthaushalt mit einem Plus von 24 Milliarden Euro abgeschlossen – täuschen. Sie werden kräftig zurückgehen, denn die Steuereinnahmen nehmen relativ verhalten zu und die Ausgaben steigen weiterhin kräftig (siehe dazu auch die Pressemitteilung zu den Steuereinnahmen). Klammert man konjunkturelle Einflüsse aus, wird der Staat insgesamt im kommenden Jahr wahrscheinlich sogar mit leichten Defiziten abschließen.
Und schon bald werden die Auswirkungen des demografischen Wandels immer stärker zu spüren sein. Umso wichtiger ist es, finanzpolitisch die richtigen Prioritäten zu setzen und das Wachstumspotential zu stärken. Nach DIW-Einschätzung sind dafür einerseits investive Ausgaben, andererseits aber auch eine Entlastung des Faktors Arbeit durch geringere Sozialbeiträge geeignet.
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