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Sa, 08:29 Uhr
10.03.2018
kn-Forum

Ist parteilos die bessere Wahl?

Liest man in den sozialen Netzwerken oder Online-Zeitungen Berichte oder Kommentare zum Thema Kommunalwahl oder Bürgermeisterwahl, wird man sehr häufig mit der Behauptung konfrontiert, parteilose Kandidaten oder Kandidatinnen wären die bessere Alternative um kommunale Posten, wie das Bürgermeisteramt auszufüllen....

Leider wird dieser Sachverhalt häufig mit plakativen Worthülsen, wie: „da ist man unabhängig und muss nicht auf (s)eine Partei hören“ oder „da gibt es wenigstens kein Parteien-Geklüngel“, gefüllt. Da dieser Sachverhalt ungemein spannend ist, ob parteilos wirklich die bessere Wahl ist, habe ich mir die Mühe gemacht und mal zu diesem Thema recherchiert. Folgende Aspekte kamen dabei heraus:
 
Wie (partei)- politisch darf / muss ein Bürgermeister sein? In unserem Staat spielen die Parteien eine wichtige Rolle im politischen System: Auf kommunaler Ebene, auf den Ebenen des Bundes und der Bundesländer, auf europäischer Ebene. Parteien sind allgegenwärtig, in Parlamenten und Regierungen, in öffentlichen Ämtern, in Institutionen, in Gremien, in der Verwaltung. Das Grundgesetz formuliert die Aufgabe der Parteien: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Parteiendemokratie. Obwohl den Parteien also eine im wahrsten Sinn des Wortes „maßgebliche“ Rolle bei der Gestaltung des politischen Lebens zugewiesen ist, kann man auch politisch tätig sein, ohne einer Partei anzugehören. Viele Menschen haben eine politische Heimat, ohne Mitglied einer Partei zu sein. Viele Menschen engagieren sich politisch, beispielsweise in einer Bürgergemeinschaft.
Andere engagieren sich auf andere Weise politisch, indem sie ehrenamtlich unser Gemeinwesen fördern. Daneben gibt es in allen Parteien Mitglieder, die sich absolut passiv verhalten. Zunächst sagt also Parteizugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit wenig über den Aktivitätsgrad der politischen Arbeit aus. Auch sind Nichtmitglieder einer Partei nicht unbedingt „unabhängig“ oder „neutral“, wie Parteimitglieder generell auch nicht als „abhängig“ bezeichnet werden können. Mit einer „kritischen Solidarität“ ist jeder Partei mehr gedient als mit unkritischem Vasallentum. Unser Staat braucht Menschen, die sich ihrer Verantwortung ihm gegenüber bewusst sind, und die deshalb bereit sind, sich politisch zu engagieren. Das kann zum Beispiel in einer Partei geschehen oder in einer Wählervereinigung. Politisches Engagement verdient Hochachtung.
Die politische Meinung eines Andersdenkenden verdient Aufmerksamkeit und Respekt: Erst in der Diskussion, erst im Ringen um den richtigen Weg können Ergebnisse tragfähig sein. Zwischen den verschiedenen politischen Ebenen gibt es allerdings gravierende Unterschiede. So werden Bundeskanzler und Ministerpräsidenten im Bund und auf Länderebene nicht direkt vom Volk gewählt, sondern von der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages bzw. der Landtage. Hieraus ergibt sich eine klare Zuordnung von Regierung und Opposition. Auf kommunaler Ebene ist das anders. Die Bürgermeister und Landräte werden direkt vom Volk gewählt. Sie sind Mitglied des jeweiligen Gemeinderates oder Kreistages und nehmen mit ihrer Stimme an den Abstimmungen teil. Hier gilt also nicht das Prinzip von Regierung und Opposition wie im Bundestag und in den Landtagen, sondern das Kollegialitätsprinzip. In einer Kommune gibt es ja auch keine Regierung: ein Bürgermeister, der sich so sähe, hätte seine Aufgabe restlos missverstanden! In gleicher Weise kann aber auch eine Partei im Gemeinderat ihre Aufgabe missverstehen, wenn sie nach dem Vorbild der bundes- oder landespolitischen „Farbenlehre“ vorgeht.

Eine Fraktion, die sich stur als Opposition begreift, hat ein wichtiges und typisches kommunalpolitisches Merkmal nicht verstanden.
Sie sollte dringend die Gemeindeordnung und die entsprechenden Kommentare lesen. Wie politisch darf oder muss ein Bürgermeister nun sein? Hierauf kann es nur eine Antwort geben: Das Bürgermeisteramt ist ein politisches Amt, es erfordert politisches Denken und Handeln. Der Bürgermeister muss also eine politische Persönlichkeit sein. Das ist sowohl mit als auch ohne Parteibuch möglich. Wie parteipolitisch darf oder muss ein Bürgermeister sein? Aus dem vorher Gesagten ergibt sich, dass eine Parteimitgliedschaft nicht zwingend notwendig ist. Sie ist aber auch nicht hinderlich. Man muss einen Amtsinhaber und im Vorfeld von Wahlen auch Kandidaten für das Bürgermeisteramt danach messen und beurteilen, wie überparteilich sie ihr Amt ausüben, bzw. ob man erwarten kann, dass sie im Fall ihrer Wahl ihr Amt auch überparteilich ausüben werden: es gilt, Bürgermeister für alle Bürger zu sein. Ein gutes Kriterium hierfür ist die Gesprächsbereitschaft. Es kann zu Recht erwartet werden, dass ein Bürgermeister mit allen relevanten Gruppen spricht. Also auch und gerade mit denjenigen Gruppen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie andere Meinungen vertreten.

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Voraussetzung ist natürlich, dass diese Gruppen ihrerseits gesprächsbereit sind; dazu allerdings gehört Größe und Format. Ein weiteres Kriterium ist Toleranz. Sie darf nicht als Schwäche ausgelegt werden. Und letztlich kann man auch an den Aussagen und Handlungen messen, wie ernst es jemand mit Überparteilichkeit meint. Überparteiliche Bürgermeister - auch mit Parteibuch - sind unbequem: Den politischen Freunden geht die Toleranz oft zu weit – und die Mitbewerber grämen sich, da ihnen die Angriffsfläche fehlt.
 
Für Hans-Georg Wehling, Professor für Kommunalpolitik an der Universität Tübingen, bleibt Fachkompetenz der entscheidende Erfolgsfaktor bei einer Kommunalwahl. In Baden-Württemberg, wo Bürgermeister schon immer direkt gewählt wurden, entschieden sich die Wähler in neun von zehn Fällen für gelernte Verwaltungsfachleute oder Personen, die schon länger in öffentlichen Verwaltungen tätig waren.
Einen Trend zu mehr parteilosen Politikern sieht Wehling allerdings nicht. Das könne man zum Beispiel beim Deutschen Städtetag sehen. Träfen sich die Mitglieder aus den einzelnen Landesverbänden, säßen nur wenige parteilose Bürgermeister im Raum. Er sieht einen anderen Trend: Aufgerüttelt durch die in immer kürzeren Abständen auftauchenden Wirtschafts- und Finanzkrisen, würden sich die Deutschen wieder stärker für die Politik in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld interessieren. Eine politische Integrationsfigur vor Ort spielt in diesen unruhigen Zeiten eine besonders wichtige Rolle. Als Navigator und Steuermann kann ein erfahrener Bürgermeister Ruhe und Sicherheit ausstrahlen.
Ob mit Parteibuch oder ohne.
 
Silvia Gelbke
Autor: khh

Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Kommentare
muraschke
10.03.2018, 09.39 Uhr
Kandidaten der Nationalen Parteilosigkeit
In der Kommune müßten alle an einem Strang ziehen, ist oft zu hören. Die Mär vom Leben und Entscheiden ohne Politik, hält sich tapfer. Alles ist Politik... Entscheiden wir uns für Grün in der Kommune, für den Erhalt von Bäumen als Kulturgut? Pflastern wir unsere Kommune mit weiteren Discounter zu und verkaufen das als Erfolg? Lassen wir die Bundeswehr präsentieren oder Erden wir Friedenspolitik auf unseren Plätzen? ...
Selbst der Parteiloseste kann auch (ohne) Partei ganz parteiisch seine Ziele verfolgen.
Mir wäre dann ein Parteiloser mit Stimme wichtiger als ein Parteigebundener mit Stimmungen.
cui bono
10.03.2018, 11.05 Uhr
Steffen Grimm ist noch im Rennen
... für alle die KN nicht regelmäßig und lückenlos lesen!

Ja Frau Gelbke, was Sie schreiben trifft in etwa auf die Landes- und Bundesebene zu. Je weiter es runter in die Gemeinden geht und je kleiner sie sind, je häufiger findet man Menschen die die Gemeinde noch zusammen halten. Schauen Sie mal in Bayern nach. Dort zählen Fähigkeiten und Bürgernähe.
Zeigen Sie mir mal z.B. einen Politiker, der sein Leben für einen Bürger auf der untersten Schwelle unserer Gesellschaft einsetzen würde, ohne dass eine Kamera dabei ist!
Erinnern Sie sich daran, als Steffen Grimm bei einem Wohnungsbrand selbstlos und selbstverständlich sein Leben riskierte. Von seinem Chef könnte er berechtigt eine Abmahnung kassiert haben.
Lesen Sie hier: http://m.thueringer-allgemeine.de/web/mobil/erfurt/detail/-/specific/Polizist-rettet-betrunkenen-Sondershaeuser-aus-seiner-brennenden-Wohnung-1134139103
Je höher ein Kommunalpolitiker die Karriereleiter nach oben steigt, je weniger kompetent ist er in seinem Amt.
Beim Bund spielt Fachkompetenz eine untergeordnete Rolle. dafür hat man die Lobbyisten. Schauen Sie sich doch das Stühlerücken in der GroKo an.
Schlechte Seelenverkäufer- ab die Post!
tannhäuser
10.03.2018, 11.34 Uhr
Die Hoffnung lebt!
Es ist augenblicklich recht ruhig geworden um die parteigebundenen Favoriten.

Man erhöht seine Chancen nicht, wenn man so auftritt, als wäre man schon in Amt und Würden und die Wahl nur eine lästige Formalie. Da helfen schöne Bilder und Worte auf Facebook auch nicht weiter, wenn der informierte Sondershäuser weiss, welche parteiliche und familiäre Gemengenlage die Person mit ins Rathaus zu schleppen gedenkt.

Wenn die Stadträte einen parteilosen BM aus parteipolitischen Gründen sabotieren, werden die Bürger das erfahren und bei den nächsten Kommunalwahlen entsprechend "honorieren".
Albi
10.03.2018, 11.42 Uhr
Bauer, Grimm, Hartung,
sind die Namen, die im derzeitigen Bürgermeisterwahlkampf als parteilos zur Wahl stehen. Hauptargument ist eben diese Parteilosigkeit. Das war bzw. ist mir zu wenig. Daher habe ich mir ja auch die Mühe gemacht, zu recherchieren was Bürger an Kompetenzen von ihren Kandidaten erwarten. Das Ergebnis war ziemlich eindeutig. Parteipolitische Zugehörigkeit ist untergeordnet und wenn überhaupt, nur beim reinen Protestwähler wahlentscheidend. Für die übergroße Mehrheit ist bei einer Direktwahl, eine solche ist ja die Bürgermeisterwahl, die fachliche Geeignetheit wahlentscheidend.
tannhäuser
10.03.2018, 17.42 Uhr
Protestwähler...
...möchten auch ihre Interessen vertreten wissen. Sollte man annehmen.. .Na ja...Mir-Egal-Bürger gibt's wohl auch...

Wenn sich diejenigen ihre Heimat bei einem parteilosen Kandidaten erhoffen, ist das immer noch besser als zuhause zu bleiben oder den Stimmzettel ungültig zu machen.

Ich mag mich irren, dann mea culpa nach den Wahlen, denke aber trotzdem, dass das GroKo-Desaster den Kandidaten von SPD und CDU schadet. Sowohl bei der BM- als auch der LR-Wahl.

Die Bürger wissen, dass Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik keine komplett voneinander unabhängigen Veranstaltungen sind.
cui bono
10.03.2018, 18.07 Uhr
Steffen Grimm ist im Rennen
Vor den Wahlen müsste es noch einmal eine große Bürgerversammlung geben, wo jeder seine unzensierten Fragen stellen kann.
Bei Wahlkampffragen sind natürlich die Antworten regelrechte Kasperfallen. Dort wird man feststellen, wer ehrlich und wer ferngesteuert ist
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