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Brüssel oder Nationalstaaten:

Wer sollte in EU die Entscheidungen treffen?

Donnerstag, 14. Dezember 2017, 11:46 Uhr
Selbstbewusste Zukunftsvisionen von Emanuel Macron oder die Weißbücher der EU-Kommission – an Ideen für Europas Zukunft mangelt es derzeit nicht. Doch ein wesentlicher Streitpunkt bei vielen Reformplänen ist häufig die Kompetenzaufteilung zwischen Brüssel und den Nationalstaaten. Wie ließen sich die Aufgaben besser aufteilen...


Einen Schritt vor und zwei zurück. Das kommt für viele Kritiker sinnbildlich heraus, wenn die Staats- und Regierungschefs der EU zu Entscheidungsfindungen zusammentreffen. Der Zwang zu Kompromissen ist sicherlich auch der Architektur der EU-Institutionen geschuldet.

Aber wie lässt sich die Kompetenzverteilung zwischen Brüsseler Institutionen und den derzeit 28 Mitgliedsstaaten kostengünstiger und effizienter gestalten? Wo sollten die Nationalstaaten ihre Gestaltungskompetenzen besser einsetzen und in welchen Bereichen wäre eine zentrale Entscheidungsfindung in Brüssel zielführender?

Die Studie, für die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zentrale Politikfelder untersucht hat, zeigt: Wenn sich die Kompetenzen in beide Richtungen verlagerten, würde das Geld sparen und effizientere Entscheidungsfindungen ermöglichen.

Mehr Kompetenzen der EU empfehlen die Autoren der Studie vor allem auf den Politikfeldern der Verteidigung, der Asyl- und Entwicklungspolitik sowie der Unternehmensbesteuerung. In all diesen Bereichen ist ein konkurrierendes Nebeneinander hinderlich, da in diese Politikfeldern sowohl ein einheitliches Auftreten gegenüber externen Partnern entscheidend ist, aber auch gemeinsam auf externe Effekte wie Migration oder Sicherheitsrisiken reagiert werden muss.

"Die heutige Aufgabenverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten ist das Ergebnis politischer Kompromisse und nicht von Überlegungen, welche der beiden Ebenen tatsächlich besser in der Lage wäre, die entsprechende Aufgabe zu lösen", sagt Stefani Weiss, Europaexpertin der Bertelsmann Stiftung. Dadurch entstünden nicht nur beträchtliche volkswirtschaftliche Verluste, sondern die Mitgliedstaaten und die EU verlören an Gestaltungsmacht für die Bereitstellung wesentlicher öffentlicher Güter wie der Sicherheit, betont Stefani Weiss.

Die Agrarpolitik auf der anderen Seite wäre laut Autoren unter Effizienzaspekten besser auf nationaler Ebene angesiedelt. Die Subventionen von Einkommen für Bauern und Agrarbetriebe durch die sogenannte "Gemeinsame Agrarpolitik" (GAP) der EU, verursacht deutlich überhöhte Kosten und liefert Fehlanreize. Die führen oftmals zu unverhältnismäßigen Auswüchsen bei den Subventionen.

Die Ergebnisse sind für das künftige Leitbild der EU wichtig. Alle Politikfelder, für die laut Studie eine Stärkung der EU-Ebene wichtig ist, sind zum einen kostenintensiv. Zum anderen tragen sie zur Sicherheit der EU und ihrer Bürger bei und bekämpfen Globalisierungshärten und soziale Ungleichheit.

"Sie stehen in der Tradition der europäischen Integration als Friedensprojekt und werden vom Bürger auch so verstanden. Damit sind sie identitätsstiftend für Europa als Stabilitätsanker und als ordnende Kraft in der Globalisierung", so Stefani Weiss. Demgegenüber sind die anderen Politikfelder wie Agrar- oder Bildungspolitik weitaus enger, technokratischer und sektorspezifischer definiert. Hier ließen sich nur wenige Kosten einsparen, wenn sie in die Zuständigkeit der EU übergehen würden.
Autor: red

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