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Regionale Internet-Marktplätze

So könnte es klappen

Sonnabend, 13. Januar 2018, 09:50 Uhr
Am 17. Und 18. Januar 2017 findet in Siegen ein richtungweisendes Symposium zur Digitalisierung im Einzelhandel statt. ‚Lokaso.Connect‘ bietet Raum für den wichtigen Austausch, zumal sich mit Lokaso.Siegen ein regionales Internkaufhaus längst auf der Erfolgsspur befindet. Bereits im Vorfeld meldeten sich Experten zu den enormen Möglichkeiten zu Wort...

Übergabe an den Kunden (Foto: Lokaso) Übergabe an den Kunden (Foto: Lokaso)
Während einige Projekte zur Digitalisierung des Einzelhandels in den letzten Jahren enorme Summen an Fördergeldern verschlungen haben und weitere Mittel notwendig werden, kann Lokaso.Siegen auf ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr 2017 blicken.

Diese positiven praktischen Erfahrungen, aber auch Anregungen werden im Fokus des am 17. und 18. Januar in Siegen stattfindenden Symposiums ‚Lokaso.connect‘ stehen, auf dem sich Experten und Interessierte zum Thema „Digitalisierung des Einzelhandels“ austauschen werden.

Mit Franz-Reinhard Habbel vom Deutschen Städte- und Gemeindeverbund positioniert sich ein Verfechter der digital vernetzten Dörfer und der Verwaltung 4.0 zur notwendigen Stärkung des stationären Einzelhandels im Zeitalter der Digitalisierung. Michael Hoppe setzt diese Visionen in anderen Bereichen bereits in die Realität um, mit seiner Initiative Kommune.Digital bietet er eine kommunale Plattform zur regionalen Vernetzung – vom Rathaus bis zu Vereinen und Verbänden.

Jürgen Hotz repräsentiert den Einzelhandel, als ehemaliger Geschäftsführer von Ahold Deutschland hat er den sprichwörtlichen Finger am Puls der Verbraucher. Komplettiert wird die Runde durch Patrick Schulte, der als Inhaber der Internetagentur billiton bereits vor mehr als einem Jahr ein regionales Internetkaufhaus initiiert und das Pilotprojekt Lokaso.Siegen auf die Erfolgsspur gebracht hat – und das ganz ohne staatliche Fördergelder.

Die Digitalisierung eröffnet enorme Chancen, wird sie in die richtigen Bahnen gelenkt, davon ist Habbel überzeugt: „Wir können im Zuge der Vernetzung vor allem im ländlichen Raum neue Gemeinschaften bilden, das ist eine hervorragende Möglichkeit, die Bürger stärker in den Gestaltungsprozess einzubinden. Natürlich braucht es Mut, um Verwaltung neu zu denken, aber eben auch innovative Geschäftsmodelle, die erst mit den neuen Technologien möglich, aber auch notwendig geworden sind.

Entscheidend ist jedoch, dass die Beteiligten genau dort abgeholt werden, wo sie sich in puncto Digitalisierung gerade befinden: Fehlen die relevanten Kompetenzen, müssen diese organisiert werden – auf dem Wege der Weiterbildung oder durch Einbindung von Spezialisten. So geht zum Beispiel Lokaso genau in die Richtung, wenn sich der Einzelhandel in einer Region gemeinsam digital aufstellt.“

„Ich kann das nur bestätigen“, so Hoppe, „wir machen ähnliche Erfahrungen. Mit unserer freien Plattform bieten wir im Prinzip den technologischen Rahmen für derartige Kooperationen, die aus den so entstehenden Netzwerken den größtmöglichen Nutzen für die ländliche Bevölkerung generieren wollen. Nur mit einer offensiven, aber eben auch gut durchdachten Strategie hat insbesondere die ländliche Gesellschaft die Chance, im Zuge der Digitalisierung nicht abgehängt zu werden. Die Veränderungen werden gravierend sein und wir müssen uns intelligent darauf einstellen. Das bedeutet auch, dass wir die enormen Möglichkeiten klar kommunizieren und im besten Fall in der gelebten Praxis unter Beweis stellen – wie bei Lokaso geschehen. Die Konzepte müssen zum Bürger passen und einen spürbaren Mehrwert generieren, das ist der entscheidende Punkt.“

Der Einzelhandel stellt hier einen Problemfall dar, weiß Hotz aus eigener Erfahrung: „Natürlich sehen sich insbesondere die Geschäfte in den Innenstadtlagen mit der scheinbar übermächtigen Konkurrenz aus dem Internet konfrontiert: Die bequeme Bestellung und Auslieferung der unterschiedlichsten Artikel bis hin zu frischen Lebensmitteln schafft einen neuen Komfort, der den beruflich stark eingebundenen Verbrauchern mehr Lebensqualität verspricht. Bestellen, probieren, bei Bedarf zurückschicken – und das kostenlos. Die Kehrseite der Medaille, dass so die Umsätze von Unternehmen generiert werden, die eben keine Geschäfte in den Innenstädten oder in Deutschland überhaupt betreiben, ist dabei wenig relevant. Die Lokaso-Idee greift das wachsende Bedürfnis der Verbraucher auf, stärkt aber auch die Interessen des Einzelhandels. Das macht Sinn.“

Digitale Plattform mit regionalem Bezug

„Genau das war unsere Intention, als wir im letzten Jahr mit unserem Pilotprojekt Lokaso.Siegen gestartet sind“, so Schulte. „Vernetzung ist das Schlüsselwort, allerdings setzen wir auf regionale Netzwerke des Einzelhandels, der in der Gemeinschaft sehr viel mehr erreichen kann, als wenn sich jedes Geschäft einzeln den enormen Herausforderungen der Digitalisierung stellen müsste. Was uns grundlegend unterscheidet: Wir haben nicht auf eine bestehende IT-Plattform zurückgegriffen, sondern eine eigene geschaffen – damit bleiben wir unabhängig und sorgen dafür, dass die Früchte dieser Arbeit auch in den Kommunen bleiben. Jede der mit uns zusammenarbeitenden Regionen erhält also ein gemeinsam organisiertes digitales Warenhaus, in dem die Einzelhändler ein Geschäft beziehen können: mit eigener Einrichtung, einem individuellen Sortiment und einer Gemeinschaftskasse. Was uns in der Praxis immer wieder beeindruckt, das ist der starke Gemeinschaftsgedanke, der sich in einem leidenschaftlichen Engagement und vor allem in einem konstruktiven Diskurs äußert.“

„Das ist eben der Punkt“, bestätigt Habbel, „im Lokaso-Projekt wird die Hürde in Bezug auf die Digitalisierung deutlich niedriger: Die Einzelhändler können sich vielfach weder selbst mit der Erstellung einer IT-Infrastruktur noch mit deren Pflege befassen, das dürfte eine enorme Erleichterung sein. Denn es reicht ja bei Weitem nicht aus, einen Online-Shop zu bestücken, der Bestand ist laufend zu aktualisieren, aber eben auch zu bewerben. Hier muss die komplette Marketing-Klaviatur professionell gespielt werden, um überhaupt im Netz präsent zu sein. Und Lokaso leistet das.“

Hotz macht aber einen weiteren Schwerpunkt aus: „Ich sehe da noch einen entscheidenden Vorteil, nämlich die Logistik. Hier haben die Online-Riesen wie Amazon eine ausgeklügelte Strategie entwickelt, da können die Einzelhändler nicht mithalten – der Aufwand wäre ganz einfach zu groß, denken wir nur an die kostenlosen Retouren. Aber Lokaso hat da einen schlüssigen Ansatz entwickelt, der so einfach wie genial ist: Logistik in eigener Regie und auf eine Region begrenzt. Damit werden die Lasten auf zahlreiche Schultern verteilt und vor allem kann eine ganz andere Qualität geboten werden. Wenn die Lebensmittel direkt ins Haus gebracht und die Pfandflaschen wieder mitgenommen werden, können Amazon & Co. ganz einfach nicht mithalten.“

Möglichkeiten der Vernetzung intelligent nutzen

„Sie haben das schon gut auf den Punkt gebracht, genau hier sehen wir eine unserer Stärken. Die in jeder Region von den teilnehmenden Händlern gegründeten Lokaso-Betreibergesellschaften haben es selbst in der Hand: Sie holen für bestimmte Bereiche, wie beispielsweise die Betreuung der Online-Plattform, Knowhow von außen ins Boot, gewährleisten aber andere Themen aus eigener Kraft. Dazu zählt die Logistik, die mit angestellten Fahrern realisiert wird. Und das von Anfang an kostendeckend – ohne die Einzelhändler zu überfordern oder Fördermittel in Anspruch zu nehmen.

Das ist in der Tat entscheidend. Wir initiieren also eine starke Gemeinschaft in der Region, bilden online nach und nach das komplette Warenspektrum des täglichen Bedarfs ab und bieten den Komfort, den moderne Verbraucher erwarten. Man könnte das auch als Genossenschaftsgedanke 4.0 bezeichnen.“

„Da gehe ich mit, denn das ist auch unsere Intention“, unterstreicht Hoppe. „In der Vernetzung liegt das größte Potenzial der Digitalisierung, wenn wir an die Bedürfnisse der ländlichen Regionen denken: Interessen verknüpfen, Kompetenzen bündeln und ein konstruktives Miteinander – das ist es doch, was uns voranbringt. Die Kraft der Gemeinschaft haben Raiffeisen und Seippel schon Ende des 19. Jahrhunderts erkannt, sie konnten so die Interessen der Bauern stärken – die Idee wird bis heute erfolgreich gelebt. Nun stellt die Digitalisierung ganz neue Herausforderungen, denen sich nicht jedes Unternehmen, aber auch nicht jede Verwaltung allein gewachsen sieht.

Hier den Gemeinschaftsgedanken aufzugreifen, um die zu bewältigenden Schritte intelligent zu verteilen, ist aus meiner Sicht nur folgerichtig. Ausschlaggebend sind doch die Bedürfnisse – der Bürger, der Verwaltungen, der Unternehmen. Die Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein, sondern muss in die richtigen Bahnen gelenkt werden, um ihr Potenzial auch wirklich effizient nutzen zu können.“

Erfolgskonzept oder nicht?

„Wir können aus unserer Erfahrung nur sagen, dass das regionale Internetkaufhaus Lokaso bereits läuft. Natürlich gibt es noch reichlich Luft nach oben, die Entwicklung ist jedoch sehr positiv: Im Dezember hatten wir wieder zahlreiche Bestellungen mit einem überdurchschnittlich hohen Warenkorbwert. Damit erzielen wir insbesondere für kleine Unternehmen einen Mehrwert: Wir erschließen gemeinsam einen zusätzlichen Verkaufskanal, ohne dass sie damit allein auf sich gestellt und naturgemäß überfordert wären – die Abwicklung der Geschäfte realisiert die Lokaso-Betreibergesellschaft. Sind Schnittstellen zur Warenwirtschaft notwendig, wird diese ebenso organisiert wie die Werbung, die für eine optimale Präsenz im Netz sorgt und die Umsätze steigert. Wird bei gleichem Angebot ein besserer Service geboten – warum sollten die Einwohner nicht auch online beim Händler ihres Vertrauens kaufen?“

„Nicht zu vergessen sind ja die Konsequenzen für die Kommunen selbst“, bringt Habbel einen weiteren wichtigen Gedanken ins Spiel. „Mit einem starken Einzelhandel, der auch die digitalen Bedürfnisse der Bevölkerung aufgreift, werden die Kommunen gestärkt: Die Steuereinnahmen bleiben nämlich hier und sichern die eigenen Haushalte und notwendigen Investitionen ab. Schon vor diesem Hintergrund sind regionale Lösungen immer vorzuziehen. Und dass ein intelligentes Konzept auch aus eigener Kraft und ohne Fördermittel funktionieren kann, zeigt sich zum Beispiel in Siegen.“

Für eine Fortsetzung der Diskussion empfiehlt sich das Symposium zur Digitalisierung des Einzelhandels ‚Lokaso.Connect‘, das am 17. und 18.1.2018 in Siegen stattfindet. Die aktuelle Agenda steht unter https://goo.gl/6JH2DH zum Download bereit. Anmeldungen sind direkt über Lokaso möglich.

Es werden nicht nur Fakten zum Status Quo in den neuen Lokaso-Regionen und Einblicke in den Alltag des Internetkaufhauses präsentiert, hochkarätige Referenten aus Wirtschaft, Politik und von den Medien werden darüber hinaus interessante Schlaglichter auf das große Thema Digitalisierung werfen.
Autor: red

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