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Meldung aus der Wirtschaftswelt

Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben

Sonnabend, 15. September 2018, 00:01 Uhr
Am Donnerstag fand im Gut Bendeleben, organisiert vom Bauernverband des Kyffhäuserkreises in Verbindung mit dem Landratsamt das Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben statt. Eine Feststellung die bei dem Erntegespräch geäußert wurde lässt aufhorchen und wird deshalb voran gestellt - Die knappe Erntemenge rechtfertigt noch keine Preissteigerung bei Lebensmitteln, denn gerademal 2-4 Cent macht der Rohstoffpreis am Brötchen aus!...

Fasst man dieses Erntejahr zusammen muss man sagen, es war ein, Ausnahmejahr, es war die früheste und schnellste Ernte überhaupt, Ertragseinbußen bis 50 Prozent (stellenweise noch höher), Preise gestiegen, aber Kontrakterfüllung hat Vorrang (und manchmal konnte man nicht mal die vereinbarten Mengen liefern), durch die Futtersituation sind Betrieb in ihrer Existenz bedroht und die Herbstarbeiten finden unter extremer Trockenheit statt, mit Staubwolken soweit das Auge reicht.

Die Forderung nach schneller Hilfe besteht, aber mancher Landwirt hat Probleme die nachzuweisende schlechte Wirtschaftslage offenzulegen, denn es besteht dann die Gefahr aufgekauft zu werden oder gar die Pacht zu verlieren.
Hauptproblem aber auch, die teils katastrophalen Ernteausfälle sind nicht deutschlandweit und Hilfen werden nicht überall toleriert, auch in der Bevölkerung und erst recht bei Politikern.

Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann)

Nach den Beratungen traf man sich vor dem Gutshaus, allerdings hatte sich Landrätin Antje Hochwind (SPD) beriets wegen weiterer Termine vorher verabschiedet.

Die Vorstellung des Gastgebers fiel etwas kürzer aus, weil erst jüngst die Landrätin zu Besuch war.
Landrätin besuchte Gut Bendeleben

Beim Gut Bendeleben zog man eine gemischte Bilanz, wie Felix Graf von Arnim und Claus Werner feststellten. Bei der Luzerne für die Vermehrung konnten von den 15 ha gerade mal 5 ha abgeerntet werden. Wir haben hier Probleme mit dem Niederschlag, weil der Stausee Kelbra viel Wasser wegnimmt, regelrecht den Regen anzieht und man hier auf dem Trockenen sitz.

Bei Hopfen geht voraussichtlich die Ernte besser, wegen der Tröpchenbewässerung aber der Ertrag liegt statt wie früher bei 45 Zentner nur bei 25 Zentner. Wir können dadurch dieses Jahr nicht mal unsere Verträge erfüllen! Nur bei Erbsen lief es besser, hier gab es einen durchschnittlichen Ertrag.

Später in der Diskussion fiel das auf: Ein Satz ließ aufhorchen, die vollen Supermarktregale zeigen nicht die schwierige Lage. So eine Ernte vor 150 Jahre hätte uns eine Hungersnot gebracht.

Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann)

Dr. Uwe Rößler von der Versuchsstation Kirchengel gab einen Überblick über die Klimasituation. Mit Grafiken zeigte er nicht nur den überdurchschnittlichen Anstieg der Durchschnittstemperaturen in den letzten 10 Jahren sondern zeigte auch, wie die geringen Niederschläge sich in der Region auf den Wasserhaushalt im Boden auswirkten.

Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann)

Gerade diese Folie zeigte, wie selbst auf den kleinen Versuchsflächen die Erträge gegenüber dem langjährigen Mittel eingegrochen sind. Der kleine Balken rechts das Ergebnis von diesem Jahr.

Zu weiteren Problemkreise, die besprochen wurden, wird kn in gesonderten Artikel berichten, aus zum Problem der Steuern, des Wassergesetzes und des geplaanten Biosphärenreservats.

Der Verbandsvorsitzende Dr. Wolgang Peter stellte fest, 2018 war ein Ausnahmejahr! Er machte das an vielen Punkten fest. Um keinen Roman entstehen zu lassen, hat kn die Stichworte von Dr. Peter übernommen

Das sind die Forderungen:

- Dürrehilfe vom Bund zugesagt, nun sind die Länder gefragt
- Unbürokratische schnelle Hilfe notwendig für die 200 – 300 Betriebe in Thüringen, die von Existenznot betroffen sind
- Bereinigter Betriebsertrag stellt schwierige Größe für Bewertung des Schadens dar, da erhöhte Schlachttiererlöse, Verfütterung der Wintervorräte sowie der geänderte Milcherlös falsch bewertet werden
- Abwrackprämie geht doch unkompliziert, warum muss Hilfe in der Landwirtschaft so ein großes Bürokratiemonster sein
2003 hat die Bürokratie schon viele Landwirte verschreckt
2018 habe ich keine Hoffnung auf Vereinfachung
- Unsere Landwirte brauchen jetzt Hilfe

Und das wird mit den nachfolgenden Punkten sehr gut untersetzt:

- Nasser Herbst, schlechte Aussaatbedingungen v.a. beim Raps
- Sehr kaltes Winterende wechselt zu hochsommerlichen Frühling – extreme Stresssituation für die Winterkulturen
- Besonders stark von diesem Wetterphänomen betroffen war der Raps mit der „physiologischen Rapswelke“, hinzu kam der extreme Käferzuflug (Rapsstängelrüssler und Rapsglanzkäfer)
- Danach folgten starke Sonneneinstrahlung, extreme Trockenheit mit lediglich kleinräumigen Niederschlägen im 10-km-Raster und hohe Temperaturen
- Verdorren der Kulturen auf dem Halm
- Vereinzelt GPS bei Getreide und Mais um komplettes Verdorren zu verhindern bzw. der sich zuspitzende Futterknappheit entgegenzuwirken
- Wir wirtschaften unter freiem Himmel. Wir Landwirte können uns an viele Bedingungen anpassen, auch an klimatische Veränderungen. Aber die Rahmenbedingungen müssen passen.
Regionalität ist vom Verbraucher gewünscht und muss erhalten bleiben.
Aber die Wirtschaftlichkeit der Produktion, die Entlohnung der Arbeitskräfte geht nicht zum Nulltarif.

Früheste und schnellste Ernte überhaupt

- Zwei bis drei Wochen früherer Erntebeginn, schnelle Ernte ohne Unterbrechung
- schnellste Ernte überhaupt, teilweise da schon mit Ernte fertig, wo sonst eigentlich typischer Erntebeginn
- So differenziert, wie die Niederschlagsereignisse, waren auch die Ernteergebnisse
- Die Ernteergebnisse der Wintergerste zeigen ein Minus von knapp 15 Prozent zum Vorjahr. Sie ist damit aber immer noch die ertragsreichste Frucht in diesem Jahr.
- Raps enttäuschte von allen Ackerkulturen am meisten mit einem Minus von teilweise 30 – 50 %. Bestände waren zum Teil mit Kamille stark verunkrautet. Die Rapskörner waren leicht und augenscheinlich klein. Ölgehalte lagen aber im normalen Bereich.
- Die Sommergerste konnte trotz des Minderertrages die geforderten Qualitätsparameter weitestgehend erreichen.
- Winterweizen, Frucht mit dem höchsten Anbauumfang in Thüringen, zeigte sehr differenzierte Erträge von knapp 100 Prozent bis Minus 50 Prozent des Ertrages gegenüber dem Vorjahr.
- Neben den geringeren Kornerträgen sind entsprechend niedrigere Stroherträge geerntet wurden. Teilweise wurden nur drei bis fünf Rollen Stroh je Hektar geerntet, wo sonst zehn Rollen üblich sind.
- Die komplette Erntesaison und auch darüber hinaus wurden die Feldarbeiten in ganz Thüringen durch immer wiederkehrende Feldbrände begleitet. Großer Dank an die Feuerwehrleute.
Regional sehr differenziert

- Vor allem Nordthüringen, mit dem Kyffhäuserkreis, Kreis Nordhausen, Eichsfeldkreis, Teile des UH-Kreises und das nördliche Thüringer Becken am stärksten von der Trockenheit betroffen. Ertragsergebnisse teilweise Minus 50 Prozent bis hin zu Totalausfall.
- Aber auch in den anderen Regionen vereinzelt Betriebe von Trockenheit extrem betroffen. Hintergrund sind die extrem kleinräumigen Niederschlagsereignisse. Nachbarbetrieb haben Erträge wie zwei Welten.
Ökolandbau

- TBV hat zum 3. Mal eine Ernteerhebung in Thüringen im Bereich des Ökologischen Landbaus vorgenommen.
- Im Ökologischen Landbau zeigt sich die gleiche differenzierte Streuung der Ergebnisse, wie im konventionellen Anbau.
- Der Minderertrag liegt zwischen 20 und 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Preisesituation 2018

- Gegenüber dem Vorjahr sind die Preise deutlich gestiegen (Quelle: AMI)

Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Kyffhäuser Erntegespräch im Gut Bendeleben (Foto: Karl-Heinz Herrmann)


- Kontrakterfüllung hat jedoch Vorrang. Diese müssen mit geringerer Erntemenge erfüllt werden, damit bleibt wenig Menge um von hohen Preisen zu profitieren.
- Problem Futterkosten steigen
- Liquidität in Betrieben trotz augenscheinlich gestiegener Preise weiter extrem angespannt

- Selbstversorgungsgrad Mehl (Weizen und Roggen) in Thüringen von 212 Prozent (Quelle BLE: „Bericht zur Markt und Versorgungslage Getreide 2018“, April 2018)
- Knappe Erntemenge rechtfertigt noch keine Preissteigerung bei Lebensmitteln, denn gerademal 2-4 Cent macht der Rohstoffpreis am Brötchen aus.
Futtersituation extrem angespannt

- Ackerfutter und Grünland teilweise nur 1. Schnitt. Kaum 2. Schnitt und keinen 3. Schnitt geerntet. Ertragseinbußen werden von extrem betroffenen Landwirten zwischen 50 und 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingeschätzt.
- Maisbestände sind zunehmend auf den Flächen vertrocknet. Viele Landwirte haben bereits Mitte Juli mit Maishäckseln begonnen. Üblich ist Ende August Anfang September.
Teilweise waren die Maisbestände nur Kniehoch, lückig sowie mit einem sehr geringen Kolbenansatz. Es wird mit einem geringen Energieanteil in der Silage gerechnet. Zweitfruchtmais hatte dieses Jahr auf Grund der Witterung keine Chance sich zu etablieren.
Körnermaisbestände werden teilweise als Silomais umgewidmet, um als Futter zum Einsatz zu kommen.
- Zuckerrüben haben aktuell Wachstum eingestellt. Teilweise nur futtermöhrengroße Rüben. Rübenblatt bereits reduziert. Ertragseinbuße schwer abschätzbar. Aber auch hier fehlt wertvolles Futtermittel für die Tierproduktion.
- Heu- und Strohzukauf notwendig.
- Futterbörse vorhanden, aber viel wird über Nachbarschaftshilfe und Mundpropaganda vermittelt.
- Freigabe ÖVF-Brache: Zwischenlösung, Tropfen auf den heißen Stein.
- Freigabe ÖVF-Zwischenfrüchte bei ausbleibendem Niederschlag eben nur eine „gute Idee“
- Landwirte greifen nach jedem „Strohhalm“
- Folge der angespannten Futtersituation: Tierbestandsabbau, Schlachtpreisverfall, weniger Milchmenge
- Dringend schnelle Hilfe notwendig, vor allem für existenzbedrohte Tierhalter


Herbstarbeiten unter extremer Trockenheit

- Bodenbearbeitung auf knochentrockenem Boden, Staubwolken soweit das Auge reicht
- Bodenbearbeitungsgeräte extremen Belastungen ausgesetzt
- Feinkrümeliges Saatbett schwierig - Rapssaat verspätet sich oder bleibt aus
- ÖVF Zwischenfrüchte – Aufgang fraglich, keine Alternative für angespannte Futtersituation
- Laut Düngeverordnung nur zu einzelnen Feldfrüchten (Zwischenfrüchte, Winterraps, Wintergerste nach Getreidevorfrucht und Feldfutter) Düngung erlaubt, Augenmaß der Behörden bei nicht auflaufenden Rapsbeständen gefragt, wenn Ersatzfrucht Getreide wird
- Wichtigste Blattfrucht fehlt in der Fruchtfolge
- Grundstein für Ernte 2019 wird bereits jetzt gelegt
Dürrehilfe und GAP


- Weitere Forderungen:
-- Frühzeitige Auszahlung Direktzahlungen, EU-Kommission hat bereits grünes Licht geben. Eine Abschlagszahlung im Oktober mindert Engpässe in Liquidität für Herbstbestellung (Achtung: Restbetrag muss aber auch in 2018 gezahlt werden)
-- Auszahlung KULAP-Gelder bereits Anfang 2019
-- Stundung bzw. Herabsetzung von Pachtzahlungen an Verpächter der öffentlichen Hand
-- Vorauszahlungen an Finanzämter anpassen, Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge
-- Transportkostenhilfe für Silagetransporte
-- künftig: Möglichkeit einer steuerfreien Risikorücklage

- GAP-Schwenk – Zukunft der Betriebe sichern
- Starke erste Säule als Einkommensstütze notwendig
- Ablehnung von Kappung und Degression
- Stärkung des Subsidiaritätsprinzips: Verantwortung an Mitgliedsstaaten abgeben und Flexibilität erhöhen – delegierte Verordnungen sind „Mist“
- Umverteilung von Mitteln aus der 1. Säule in die 2. Säule wird abgelehnt
- Mitgestaltung des Strategieplans durch Bundesländer einfordern
Zusammenfassung

- Erträge weit hinter Vorjahr und Durchschnitt der letzten Jahre
- Futtersituation extrem angespannt
- Liquidität auf den Betrieben fehlt
- Schnelle und unbürokratische Hilfe vom Land notwendig, v.a. für die von Existenznot betroffenen Viehhalter
- GAP: Verlässlichkeit, starke erste Säule als Einkommensstütze notwendig
Autor: khh

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