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Fr, 10:00 Uhr
29.03.2024
Leserbrief

Warum wurde der Walnussbaum in Limlingerode gefällt?

Eine wohlbekannte männliche Person informierte mit traurig-entsetzter Stimme am Telefon, dass der Walnussbaum vor dem Geburtshaus der bedeutenden Dichterin Sarah Kirsch in Limlingerode von den Verantwortlichen in der Gemeinde gefällt worden sei...

Walnussbaum an der Dichterstätte Sarah Kirsch noch in voller Pracht (Foto: Förderverein Sarah Kirsch) Walnussbaum an der Dichterstätte Sarah Kirsch noch in voller Pracht (Foto: Förderverein Sarah Kirsch)


Nachdem sie als Berühmtheit und der nach ihr benannte Förderverein das Haus Lange Reihe 11 im Dorf an der Sete im Sommer 2023 räumen mussten, mit all dem, was dort in vielen Jahren an kulturellem Gut dargeboten und gesammelt worden war, verschwand ein weiteres Andenken an sie, der Wallnussbaum, der sich prächtig entwickelt hatte und mit der gestutzten alten Linde vor dem Haus eine Symbiose eingegangen war.

„Ein Stück Natur“, wie die Kirsch es in ihrer dichterischen Sprache nannte, ein Stück Schöpfung wurde vernichtet. Die Mitglieder des Fördervereins „Dichterstätte Sarah Kirsch“ möchten dem Baum, der nicht mehr gedeihen darf, mit einem Text Ehrfurcht erweisen, den wir in unserer Publikation „Limlingeröder Reihe / KALEIDOSKOP III“ veröffentlicht haben.

Der gepflanzte Wallnussbaum ist gut im Erdreich verankert
„Seit dem 6. Oktober 2006 steht ein ca. fünfjähriger Walnussbaum vor dem Geburtshaus Sarah Kirschs in Limlingerode. Mit dem Wurzelwerk misst er 4 m, und damit er sich fest verankern kann, wurde für ihn eine Pflanzgrube von 1x1 m vorbereitet. Die notwendige nährende Erde wurde besorgt. Der Baum stammt aus dem Garten der Familie Schäfer/Heidenreich aus Ilfeld und hat sich aus einer Walnuss des dort stehenden nahezu 100-jährigen Baumes entwickelt.

Im PKW wurde er, sicher verpackt, auf den Hügel nach Limlingerode gefahren, wo er sich nun beheimaten soll. Die Vereinsmitglieder hatten alles tatkräftig vorbereitet.
Die Vorgeschichte der Pflanzung begann bereits im Jahr des 70. Geburtstages der Dichterin Sarah Kirsch, also 2005. Getreu der in ihrem Text „Post“ niedergeschriebenen Worten: „Irgendwo auf der Welt steht mein Baum, denn ich weiß, daß jedem Menschen ein Baum zusteht. Ebenso eine Grasart und ein bestimmter Vogel...,“ wollten Literaturfreunde am Geburtshaus der Poetin einen Baum pflanzen, denn Bäume kommen in ihrer Dichtung gar oft vor.

Im Gespräch bot Frau Annet Heidenreich aus Ilfeld einen Walnussbaum aus ihrem Garten an. Aber damals ergab sich dann nicht die Gelegenheit. Wiederbelebt wurde die Idee im März 2006 in der Staatskanzlei in Erfurt, als Sarah Kirsch vom Ministerpräsidenten Dieter Althaus den Thüringer Verdienstorden überreicht bekam.
Übergabe des Verdienstordens an die Dichterin Sarah Kirsch durch Ministerpräsident Dieter Althaus
Ein Baum dieser Art war ihr sehr genehm, denn die imponierende Wuchsform, das hohe Alter, das er erreichen kann, lassen Kräfte des Baumes vermuten, die sich bereits in den Samenkernen finden.

Der Walnussbaum gilt als Symbol für Fruchtbarkeit, Schutz, Sinnenlust, Gehirn, Dreieinigkeit. Vermutlich ist er ein Relikt der frühen sommergrünen Laubwälder Südostasiens und von dort in alle Himmelsrichtungen verbreitet worden. Nüsse und Blätter sind auch Medizin für Menschen, Tiere und Pflanzen.

Seit einiger Zeit arbeiten künstlerisch tätige Menschen unterschiedlicher Genres kürzere oder längere Zeit in der Poetenwohnung des Geburtshauses, so, wie es die Vereinssatzung vorsieht. Die Pflege des neugepflanzten Baumes ist also gegeben.

Der Wallnussbaum im Sommer 2023 in voller Pracht vor dem Geburtshaus Momentan schreibt Christina Friedrich, Regisseurin aus Berlin, im Haus an einem „Heimat“- Roman, der den Titel „Keller“ trägt und eine „Familiensaga“ darstellt, in der unserer Region eine tragende Rolle zukommt. Das erste Kapitel beginnt mit der Bombardierung Nordhausens Anfang April 1945 und den verheerenden Auswirkungen auf die Menschen, auf die Natur, die Bauwerke. Kindern kommt eine besondere Bedeutung in diesem Prosawerk zu. Am 18. November liest Christina Friedrich in der Dichterstätte aus dem Manuskript.

Außerdem arbeitet sie noch an Feinheiten eines bereits abgeschlossenen Romans, einer Liebesgeschichte. Das Buch soll im Herbst 2008 im Beck-Verlag unter dem Titel: „Und dann geh ich fort von Dir“ erscheinen, und die erste Lesung wird in Limlingerode sein.
An der Baumpflanzung beteiligt war auch Susanne Uhl aus Braunschweig, Bühnenbildnerin, ausgebildet in Dresden, die in Limlingerode künstlerische Schrift-Blätter zu den 154 Sonetten Shakespeares gestaltete, die im Januar 2007 in der Galerie in der Dichterstätte zu sehen sein werden. Zum Sehen der Kunst kommt die Sprache hinzu.

Als die Pflanzung geschafft war, wurde mit Rotkäppchensekt angestoßen und frisch gebackene Walnusskügelchen schmeckten verführerisch. Die vielen guten Gedeihenswünsche lassen hoffen, dass der Baum heranwächst.“
Heidelore Kneffel im Auftrag des Fördervereins


Übergabe des Verdienstordens an die Dichterin Sarah Kirsch durch Ministerpräsident Dieter Althaus (Foto: H. Kneffel)
Wunderschöner Walnusbaum in Limlingerode im Sommer 2023 (Foto: H. Kneffel)
Autor: emw

Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Kommentare
HNeubert
29.03.2024, 20.02 Uhr
Natur und Literatur
Als Limlingeröderin gebe ich folgendes zu bedenken:
Walnuss-"Nüsse und Blätter sind auch Medizin", meinen die belesenen Literaturfreunde. Dann wissen sie sicher auch: Gerade Medizinpflanzen sind am falschen Ort in der falschen Dosierung auch Gift. "Ein Walnussbaum im Garten ist wie ein Edelmann im Dorf." Heißt: Daneben und darunter kommt nichts hoch. Es muss also gut überlegt sein, wohin so ein Baum platziert wird. Warum wurde der Walnussbaum genau dort in Limlingerode gepflanzt? Die naturseligen Damen wussten offenbar sogar um die zu erwartende "imponierende Wuchsform". Hätten sie dann nicht - aus Liebe zu dem Baum - die Eigentümer und Erfahrenen im Dorf fragen sollen, wo er stehen sollte? Nein - sie pflanzten ihn an eine enge Stelle, viel zu dicht an der Linde und gleich neben dem Gemeindehaus der Kirchengemeinde. Auf dem Weg zu seiner "impomnierenden Wuchsform" erreichte er nun dessen Wände und Dach und blockierte zudem die notwendige Zufahrt zum Kirchhofsgelände.
Leider haben die Literatur- und Naturfreunde vom Sarah-Kirsch-Verein so wenig Bezug zur Wirklichkeit, dass sie in 25 Jahren nicht einen Pfennig oder Cent für den Erhalt und die laufenden Kosten des Hauses übrig hatten. Genauso wenig fürsorglich war die Pflanzung des armen Walnussbaumes an diesen Unort.
Übrigens: Sein Nachfolger ist schon ausgesucht und wird einen guten Platz bekommen.
HNeubert
29.03.2024, 20.05 Uhr
Journalistische Sorgfalt
Liebe NNZ-Redakteurinnen und Redakteure,
mit einer einfachen Nachfrage in der Gemeinde wäre die Faktenlage zu klären gewesen.
Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal!
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