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Thüringer Lehrerverband zu Selbsttests

Wir haben Fragen, Herr Minister

Dienstag, 13. April 2021, 10:32 Uhr
Die deutliche Ausweitung der Teststrategie an den Schulen begrüßt der Thüringer Lehrerverband ausdrücklich. Gleichwohl gäbe es noch unzählige Aspekte in der praktischen Umsetzung, die nicht oder nur mangelhaft geregelt seien, schreibt der Verband und richtet 20 Fragen gen Erfurt...

Fragen, die Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen zum Thema Selbsttests haben
  • 1. Nach den Vorschriften des Beamtenrechts müssen Beamtinnen und Beamte ihre dienstlichen Handlungen im Zweifelsfall auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen – Stichwort Remonstration. Können Sie als der oberste Dienstherr die Rechtsmäßigkeit der von Ihnen angeordneten Vorgehensweise bei den Schnelltests garantieren?
  • 2. Im Ihrem Schreiben „Corona-Selbsttests an Thüringer Schulen ab 12. April 2021“ wird ausgeführt, dass die Kinder freiwillig getestet werden, deren Eltern dem nicht widersprochen haben. Rücksprachen des tlv mit einer Juristin haben jedoch ergeben, dass dies zumindest für die Altersgruppe bis 14 Jahre (bis 8. Klasse) falsch ist: Ein fehlender Widerspruch der Eltern bedeutet nicht grundsätzlich deren Zustimmung. Diese sollte bei Kindern unter 14 Jahren für die Rechtssicherheit ausdrücklich durch die Eltern erfolgen und daher vorher eingeholt werden. Denn nach herrschender Meinung ist davon auszugehen, dass Minderjährige unter 14 Jahren nur in Ausnahmefällen bereits selbst einwilligungsfähig sind. Das heißt: Ist der Minderjährige nicht selbst einwilligungsfähig, macht sich derjenige, der ihn ohne Not zu medizinischen Handlungen an sich selbst anleitet, haftbar, gegebenenfalls strafbar. Außerdem ist bei medizinischen Eingriffen – und als ein solcher muss auch die Anleitung zum Selbsttest gewertet werden – bei nicht vorhandener Übertragung der Personensorge von den Sorgeberechtigten auf die Lehrkraft (in schriftlicher Form) der gesetzliche Unfallversicherungsschutz für die Schüler/innen außer Kraft gesetzt.
  • Wie stehen Sie hierzu? Wie schützen Sie Ihre Beschäftigten, aber auch die Schülerinnen und Schüler vor diesen Gefahren?
  • 3. Was passiert, wenn die Eltern keinen Widerspruch zur Teilnahme am Selbsttest einlegen, der Schüler oder die Schülerin aber nach eigenem Bekunden keinen Test will?
  • 4. Wie/durch wen soll das Testergebnis festgestellt werden? Die Gefahr für die Lehrerinnen und Lehrer wird noch weiter erhöht, wenn sie die Tests selbst ablesen sollen – ohne die Ausrüstung, über die das medizinische Personal in den Testzentren verfügt (Ganzkörperschutz, Maske und Visier).
  • 5. Wie sind die Lehrerinnen und Lehrer rechtlich abgesichert, wenn sich bei der Testdurchführung jemand verletzt?
  • 6. Wie kann die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet werden, wenn in einem vollen Klassenraum die zu testenden Schüler ihre Masken abnehmen müssen – zumal bei den derzeitigen Temperaturen nicht über den gesamten Testzeitraum stoßgelüftet werden kann?
  • 7. Müssen die Schülerinnen und Schüler die – ggf. kontaminierten - Teststäbchen 15 Minuten lang am Platz behalten?
  • 8. Zur Entsorgung der benutzten Selbsttests besagen die FAQs: „Benutzte Tests sind (in) einem reißfesten Beutel zu sammeln und direkt nach Beendigung der Testung im Restmüll zu entsorgen.“ Wer sammelt/entsorgt ggf. infektiöse Abfälle in einem reißfesten Müllbeutel und gibt sie direkt nach der Testung in den Restmüll? Was heißt Restmüll? Ist das der Papierkorb im Klassenraum, der nicht täglich und auch nicht sofort geleert wird? Ist das der Müllcontainer im Außenbereich?
  • 9. Wie/durch wen werden nach der Testdurchführung die Schülertische, auf die Rückstände gelangen können, desinfiziert?
  • 10. Es gibt zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer, die einer erhöhten Risikogruppe angehören, aus Verantwortung ihren Schülern gegenüber bisher jedoch trotzdem den Unterricht wahrnehmen. Müssen diese Kolleginnen und Kollegen ebenso die Tests beaufsichtigen und ggf. Testmaterialien entsorgen? Was passiert, wenn sie sich aus nachvollziehbaren Gründen (gesundheitliche Risiken) weigern? Wie soll die Schulleitung damit umgehen?
  • 11. Wie sieht es mit dem Datenschutz aus, wenn nach 15 Minuten ein Test positiv ausgefallen ist? Dann müssen die Betroffenen ihre Sachen packen und den Raum zu verlassen - und jeder weiß, was Sache ist. Was sagen die Schulpsychologen dazu?
  • 12. Wo finden Lehrerinnen und Lehrer Unterstützung, wenn sie sich überfordert fühlen - überfordert, die Richtigkeit der Anwendung abzusichern, überfordert, die Kinder bei einem positiven Ergebnis psychologisch zu begleiten, überfordert, im Anschluss an solch ein "Szenario" weiter Unterricht durchzuführen?
  • 13. Woher bekommen die Schulen das zusätzliche Personal, das in einem solchen Fall die Schülerinnen und Schüler separiert, die Eltern informiert und die zu isolierenden Schülerinnen und Schüler beaufsichtigt, bis deren Eltern eintreffen? Denn dieses Personal steht ja dann nicht für den regulären Unterricht oder die Notbetreuung zur Verfügung.
  • 14. Wann und wie sollen die circa zwei Präsenz-Unterrichtsstunden ausgeglichen werden, die aufgrund der Testungen pro Woche und pro Klasse ausfallen?
  • 15. Die geforderte Dokumentation der Testergebnisse ist sehr zeitaufwendig. In welcher Form erfolgt hier eine Anrechnung?
  • 16. Wie können Sie sicherstellen, dass die Schulen rechtzeitig und ausreichend mit weiteren Tests beliefert werden - und zwar in der regulären Arbeitszeit der dafür Verantwortlichen?
  • 17. Warum gibt es bislang noch kein Impfangebot für die Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe II? Diese unterrichten die Abschlussklassen schon seit Anfang Februar. Ähnliches gilt für die Berufsschullehrer/innen.
  • 18. Warum ist in keiner Verordnung geregelt, wie es konkret in der Hortbetreuung aussieht? Gilt auch hier eine Maskenpflicht?
  • 19. Warum verlinkt das TMBJS in offiziellen Schreiben Erklärvideos bei YouTube, obwohl dieses Medium noch vor Kurzem vom Landesdatenschutzbeauftragten verboten wurde?
  • 20. Es hat in den vergangenen Tagen vereinzelte Aktionen der „Querdenker im Zusammenhang mit der Test- und Maskenpflicht gegeben. Die Aktionäre scheuen sich offenbar nicht, ihre perfiden Botschaften direkt an den Schulen zu platzieren. Wie stellen Sie als die Verantwortlichen die Sicherheit des Schutzraums Schule und Ihrer Beschäftigten sicher?
Autor: red

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