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Orgeln im Exil

24.09.2022, 19.00 - 21.00 Uhr
Kurzbeschreibung Orgeln im Exil
Jill Luise Muessigs Projekt Orgeln im Exil thematisiert filmisch
anhand von sechs Orgeln eine Konsequenz des Kohleabbaus im
Mitteldeutschen Braunkohlerevier: das Exilieren von Orgeln.
Das Projekt besteht aus einer Konzertreihe, die von Ende August bis
Anfang Oktober 2022 in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
stattfindet, flankiert von Filmen zu den einzelnen Orgeln sowie einer
Ausstellung.
Der 18-jährige Maximilian Kordisch hat für die Orgeln im Exil eine
Toccata geschrieben und sie an jede einzelne Orgel angepasst. Die
Toccata ist Teil des musikalischen Programms an allen sechs
Konzertorten, weitere Stücke werden von Kordisch jeweils entsprechend
der örtlichen Gegebenheiten – zum Beispiel der Anzahl der Manuale
ausgewählt und gespielt.
Die Künstlerin Jill Luise Muessig hat gemeinsam mit Alexandra Czok
sechs Filme gedreht, von denen jeder eine Kirche, deren Orgel und
Kordisch beim Spielen des Stücks zeigt. Bei den Konzerten wird der
zur jeweiligen Kirche und Orgel gedrehte Film als Premiere gezeigt.
Alle sechs Orgeln werden zudem bei den einzelnen Konzerten im Rahmen
einer Ausstellung präsentiert.
Zielgruppen der Veranstaltungen des Projektträgers Soziokulturelles
Zentrum KuHstall e.V. sind Musikinteressierte, Gemeindemitglieder der
heutigen Orgel-Standorte und jene Menschen, die seinerzeit für den
Erhalt „ihrer“ Orgel gekämpft haben und gegebenenfalls selbst
umgesiedelt sind. Zudem sollen Schulen gezielt angesprochen werden.
Im Anschluss an die Veranstaltungsreihe entsteht vorrangig für
SchülerInnen eine Online Plattform, um die einzelnen Kirchen, ihre
Orgeln, deren Geschichte und Interpretation des Musikstückes digital
erlebbar zu machen und um Vergleiche anstellen zu können.
Das Projekt macht ein Stück Regionalgeschichte sichtbar, es möchte
die Geschichte der Orgeln im Exil vor dem Vergessen bewahren und sie
lebendig halten.
Ausführliche Beschreibung Orgeln im Exil
In dem Projekt werden Fragmente einer ehemaligen Industrie- und
Kulturlandschaft zusammengeführt und erhalten mit der Arbeit
einen neuen Deutungshorizont. Ziel ist es, das Engagement der
einstigen RetterInnen zu würdigen sowie der Menschen, die sich im
Hier und Jetzt für die weitere Nutzung und den Erhalt der Orgeln
einsetzen.
Die Orgel als Kulturgut soll auch für nicht kirchlich gebundene
Menschen wieder sichtbarer werden. Der Raum Kirche mit der Orgel soll
als Kulturraum interessanter gemacht werden und auch junge Leute
einladen, diesen für sich zu entdecken. Dies soll mittels der Filme
über die von dem Schüler Maximilian Kordisch geschriebenen und
gespielten Stücke geschehen. Die Filme werden für den Musikunterricht
der höheren Klassen angeboten. Sie laden dazu ein, die einzelnen
Kirchen und Interpretation des Musikstückes miteinander zu
vergleichen und Zugang zu einer Verfahrensweise mit den eigenen
kulturellen Ursprüngen zu erhalten.
Angesprochen werden des Weiteren die EinwohnerInnen der Gemeinden, in
denen die Orgeln heute stehen, sowie die Menschen, die sich für
deren Erhalt eingesetzt haben und gegebenenfalls selbst umgesiedelt
sind. Die Prozesse, die von der Entscheidung über den Abriss der
Kirche bis hin zum Umzug der Orgel führten, laufen heute Gefahr,
komplett aus dem gesellschaftlichen Gedächtnis zu verschwinden. Das
soll mit dem Projekt ein Stück weit verhindert werden.
Wer das Projekt unterstützt
Die Orgel ist identitätsstiftend. Das Projekt hat durch die vielen
Mitstreiter eine eigene Dynamik entwickelt, die Aufgabe der Künstlerin
Jill Luise Muessig war es, die Hinweise, Zuwendungen und Inhalte gut
zueinander zu bringen. Gefördert wird Orgeln im Exil von der Deutsche
Stiftung Denkmalschutz, der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen,
der Stiftung Kunstfonds NeuStartKultur sowie der Stadt Leipzig,
Kulturamt. Projektträger ist das Soziokulturelle Zentrum KuHstall
e.V. in Großpösna (Geschäftsführerin Jana Göthel, Projektmitarbeiter
Peter Krümmel).
Das Projekt auf den heutigen Stand zu bringen, konnte nur gelingen,
weil darüber hinaus viele UnterstützerInnen gefunden wurden:
Orgelsachverständige (Tobias Haase, Fachbeauftragter für das
Orgelwesen, Ev.-Luth. Landeskirchenamt Sachsen, Christoph Zimmermann,
Referent für Orgeln, Landeskirchenamt der EKM, Albrecht Bönisch,
Pfarrer in Görlitz)
KantorInnen (Susanne Blache, Markkleeberg, Christine Heimreich,
Neustadt Harz, Jens Staude, Borna, Gerhard Noertzel, Halle)
Die Musiklehrerin Susanne Blache, Markkleeberg
Dienstleisterinnen (Katrin Klabes, Grafik, Leipzig, Iris Kirchhoff,
Text, Leipzig, Ilona Lemke, Programmierung, Essen)
Dirk Erfurt Ortschaftsbürgermeister a.D./ Neustadt Harz
Torsten Tannenberg, Geschäftsführer Sächsischer Musikrat e.V.
Die Lichttechnik für das Projekt wurde von der Fernseh-Akademie
Mitteldeutschland GmbH und die Filmkamera von René Blümel zur
Verfügung gestellt.
Hintergründe zum Projekt
Thematischer Mittelpunkt des Projektes sind Orgeln, die aufgrund des
Braunkohletagebaus aus den abgerissenen Orten im mitteldeutschen
Braunkohlerevier umgesetzt wurden.
Zum historischen Hintergrund: Sachsen war reich am Bodenschatz
Braunkohle. Um 1900 wurden in der Umgebung von Leipzig die ersten
Kohlegruben erschlossen, um den steigenden Energiebedarf in der
Region abzudecken. Schnell entwickelte sich das Gebiet zum Mitteldeutschen Revier. Die dichte Besiedelung des mitteldeutschen
Kohlereviers und die Tatsache, dass Sachsen im letzten halben
Jahrtausend zu einer einzigartigen Kulturlandschaft gewachsen war,
führte im Rahmen des Abbaus der Braunkohle auch zur Entwidmung und
zum Abriss zahlreicher Kirchen. Mit Orgeln im Exil soll aufgezeigt
werden, wie die Menschen in den abrissgefährdeten Gemeinden aus Liebe
zu ihren Kirchen und Orgeln dafür gekämpft haben, dass diese gerettet
und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Betroffene
Gemeinden, Geistliche und PolitikerInnen sorgten mit ihrem Engagement
und ihrer Achtung des kulturellen Erbes für die Aussetzung radikaler
Lösungen: Kirchen wurden vollständig umgesetzt oder man rettete
zumindest ihr musisches Zentrum – die Orgel.
Bei den Recherchen in verschiedenen Archiven hat Jill Luise Muessig
bis jetzt Zeugnisse von 51 Orgeln gefunden. Die Hälfte davon wurde in
anderen Kirchen wieder aufgebaut und haben so mit ihrem Klang eine
neue Heimat gefunden. Die Prozesse, die von der Entscheidung über den
Abriss der Kirche bis hin zum Umzug der Orgel führten, sollen im
Projekt auch durch Zeugnisse von Menschen abgebildet werden. Mal
mündeten ihre Mühen des Denkens, Planens und Handelns in die Rettung,
mal in den frustrierenden Verlust ihrer Orgel. Die verzweifelten
Aktionen, die kühn durchgesetzten Vorschläge oder auch die mutigen
Rettungsversuche waren seinerzeit nicht öffentlichkeitswirksam und
laufen heute Gefahr, komplett aus dem gesellschaftlichen Gedächtnis
zu verschwinden. Die Recherchen in den Kommunen der ursprünglichen
Standorte sowie der neuen Exil-Heimat der umgesetzten Orgeln, sollen
im Rahmen des Projektes Orgeln im Exil der Öffentlichmachung dieses
Stücks regionaler Kulturgeschichte dienen. So entsteht die Chance,
die unersetzlichen Kunstwerke – die Orgeln im Exil – vor dem
Vergessen zu bewahren.
Die Konzertreihe
Geplant wurde eine Reihe von sechs Konzerten an umgesetzten Orgeln.
Die für die Konzertreihe ausgewählten historisch wertvollen Orgeln
standen ursprünglich im Raum Leipzig und wurden bereits vor 1800 von
bedeutenden Orgelbauern wie Silbermann, Ladegast und Kreutzbach
gebaut. Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts war eine Blütezeit des
sächsischen Orgelbaus unter der Regierung Augusts des Starken. Jede
der Orgeln hat ihren eigenen Charakter und ihre individuelle
Geschichte:
Orgel und Kirche aus Heuersdorf - heute in Borna (erbaut von Urban
Kreutzbach, 1850)
Orgel aus Ermlitz – Ort wurde verschont, Orgel zurückgesetzt (erbaut
von Johann Gottlieb Mauer und Johann Gottfried Krug, 1801/04)
Orgel aus Trachenau - heute in Reichenberg (erbaut von Jacob Oertel,
1760)
Orgel aus Cröbern - heute in Großdeuben (erbaut von Christian Ernst
Friederici, 1755)
Orgel aus Eythra - heute in Neustadt/Harz (erbaut von Friedrich
Ladegast, 1876)
Orgel aus Kreudnitz - heute in Halle, Dom (erbaut von Johann Gottlob
Ehregott Stephani, 1799, mehrfach umgesetzt)
Das Programm aller Konzerte ist nicht ganz identisch: Abhängig von
der jeweiligen Orgel können manche Stücke nicht überall gespielt
werden. Ein Stück jedoch wird auf allen Orgeln, jeweils individuell
angepasst, gespielt. Es wurde eigens zum Thema Orgeln im Exil
komponiert: Die Toccata für die umgesiedelten und verlorenen Orgeln
von Maximilian Kordisch. Kordisch ist auch der Organist der
Konzertreihe.
Maximilian Kordisch wuchs am Rande des ehemaligen Bornaer Reviers in
Markkleeberg auf. Im Alter von 11 Jahren begann er mit dem Klavierspiel,
mit 15 entdeckte er die Orgel als sein Lieblingsinstrument.
Seine Eigenkomposition wird der Musiker auf allen sechs umgesetzten
Orgeln spielen. Das Konzert wird an allen sechs Orten mit der
Vernissage der Ausstellung Orgeln im Exil und der Filmpremiere
verbunden. Gezielt eingeladen werden die EinwohnerInnen, die
umgesiedelt wurden und jene, die in den neuen Gemeinden ansässig
sind, und darüber hinaus Orgel- und Kulturinteressierte.
Die Filme zu den Konzerten
In den Konzertproben entstanden Film- und Tonaufnahmen von Maximilian
Kordisch, während er seine Komposition interpretiert.
An den sechs verschiedenen Orgeln entstanden sechs unterschiedliche
Interpretationen des Musikstückes und somit sechs Filme. Das Stück
wurde von einem Tonstudio-Team in den sechs Kirchen aufgenommen und
mit Filmaufnahmen aus den Kirchen, von den Orgeln und dem Musiker am
Instrument zu sechs Musik-Filmen zusammengeschnitten.
In der Konzertreihe wird in der jeweiligen Kirche der Film Premiere
haben, der in ihr entstanden ist. Alle sechs Filme werden nach ihren
Premieren auf der Webseite https://www.orgeln-im-exil.de veröffentlicht.
Die Veröffentlichung der Filme bietet die spannende Möglichkeit,
die sechs Interpretationen des Musikstücks miteinander zu
vergleichen. Ein Diskussionsforum auf der Website soll das Abgeben
einer persönlichen Bewertung oder auch das Veröffentlichen von
Analysen ermöglichen sowie einen Austausch über die Musik. So
entsteht ein hybrides Angebot, das im besten Fall einen Dialog
zwischen den analogen und digitalen BesucherInnen der Konzerte
möglich macht.
Die Ausstellung
Die Ausstellung umfasst alle sechs Orgeln. Sie stehen exemplarisch
für alle exilierten Orgeln und werden in allen Kirchen gezeigt.
Orgelbau und Orgelmusik befinden sich auf der UNESCO-Liste des
immateriellen Kulturerbes. Als kulturelle Ausdrucksform wird die
Orgelmusik von Generation zu Generation weitervermittelt und steht
für Identität und Kontinuität. Sie unterliegt gleichwohl stetigem
Wandel und reflektiert die jeweilige Zeit. Vielleicht sind dies
Gründe dafür, dass Orgeln vielen Menschen, egal ob gläubig oder
konfessionslos, vertraut und wichtig sind. In ländlichen Gemeinden,
die vom Abriss wegen des Braunkohletagebaus betroffen waren, bemühten
sich sowohl PolitikerInnen wie auch Geistliche und EinwohnerInnen um
den Erhalt der Orgeln und suchten nach Möglichkeiten, sie in andere
Kirchen umzusetzen. In der Ausstellung will Jill Luise Muessig das
erfolgreiche Ringen um den Erhalt von Orgeln zeigen.
Ausblick: Präsentation im Musikunterricht und weitere Konzerte mit
begleitender Ausstellung
Die Filme und die Ausstellung werden im Anschluss an die Konzertreihe
überregional in Schulen und in Kirchen mit Exilorgeln angeboten
werden. Das Orgeln im Exil-Team hofft, das Projekt in Zukunft auch
auf weitere umgesetzte Orgeln ausdehnen zu können, um so eine stetig
wachsende Wissensplattform zu etablieren.
Termin:
24.09.2022, 19.00 - 21.00 Uhr
Ort:
Neustadt Harz Kirche
Veranstalter:
Neustadt Tourist-Info


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Heute ist Sonntag der 10.12.2023.

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